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Thekenglück

Gestern Nacht in der Cruising-Bar Mutschmanns, Berlin. Schon beim Eintreten schlägt mir der Geruch von Schweiß, Bier und Zigarettenqualm entgegen. Testosteronschwaden hängen deutlich spürbar in der Luft. Die Bar ist gefüllt mit Kerlen, die sich ihrer Männlichkeit mehr als bewusst sind und alles tun, um diese zu demonstrieren. Muskeln und Bärte, wohin man schaut, die oftmals haarigen Körper in enge T-Shirts und Jeans gezwängt. Prall und üppig an den Stellen, wo es prall und üppig sein muss. Schwere Boots oder Sneaker. Dazwischen vereinzelt der Nachwuchs, oftmals noch jungenhaft und schüchtern, aber bereit, die ersten Erfahrungen hier, und nur hier, zu machen. Im Laufe der Nacht werden ein paar von ihnen in den starken Armen einiger der anwesenden Männer landen und ihre steifen Schwänze an deren kräftigen Schenkeln reiben.

Ich liebe diesen Ort. Strategisch günstig positioniere ich mich am Durchgang zum zweiten Raum, der den Zugang zum Keller beherbergt. Jeder, der in den Darkroom will, muss an mir vorbei. Jeder, der an mir vorbei muss, wird mich sehen und seinen Blick vielleicht länger als nötig auf mir ruhen lassen. Als Aufforderung, ihm zu folgen. Vielleicht werde ich den Blick länger als nötig erwidern. Spielregeln und Rituale. Ich kenne sie und beherrsche sie gut.

Von meinem Platz aus habe ich eine gute Sicht auf die große Theke, die den Hauptraum in zwei Hälften teilt und dicht umlagert ist. An ihr ein Mann (natürlich), aber was für einer! Ein Kerl wie ein Schrank, groß und breit. Schwer. Mit nacktem Oberkörper lehnt er lässig am Tresen und lässt seine Blicke durch den Raum schweifen. Mächtige Oberarme, tätowiert. Dem Spiel ihrer Muskeln zuzuschauen, wenn er die Flasche ansetzt und in großen Schlucken das Bier trinkt, ist erregend und betäubend zugleich. Glatze und Rundbärtchen. Es ist nicht erkennbar, ob einer der Anwesenden sein Interesse weckt. Seine Mine ist unbeweglich und betont cool. Bloß nicht zu freundlich wirken, denn das könnte die Machofassade ganz schnell zum Einsturz bringen. Auch er kennt die Spielregeln. Kerle wie er haben sie gemacht.

 
Hin und wieder greift er sich zwischen die Beine und knetet sein Paket. Er ist geil, das sieht man. Dieser Kerl ist gekommen, weil er Sex braucht. Weil er einen Mann braucht, in den er seinen Schwanz stoßen kann. Weil er einen Mann braucht, der es ihm besorgt und dem er es seinerseits besorgen kann. Vielleicht ist es schon lange her, dass ihm einer einen geblasen hat. Vielleicht braucht er es mehrmals am Tag. Der Trieb pocht in ihm und lässt sein Paket anschwellen. Die Jeans zeigt mehr als sie verbirgt.

Er könnte jeden hier im Raum haben, das spürt er. Und er weiß, dass ihm verstohlene und sehnsüchtige Blicke zugeworfen werden. Irgendeiner wird in dieser Nacht das Glück haben. Es ist wie bei einer Lotterie. Hauptgewinn: Trieberfüllung mit Superman.

Er bestellt ein weiteres Bier und leert die Flasche mit gierigen Zügen. Dann verlässt er die Theke und durchquert den Raum Richtung Keller. Sein Gang ist wiegend und wird bestimmt von den dicken Muskeln seiner Oberschenkel. Seine vollen Arschbacken heben und senken sich mit jedem Schritt und scheinen eine Einladung an jeden hier zu sein: Folgt uns, denn wir sind die Verheißung! Es wird nicht lange dauern bis die ersten sie annehmen werden.

In diesem Moment muss er an mir vorbei. Ich kann ihn fast spüren, seine Aura nimmt mich gefangen und verknotet meinen Magen. Sein Körper ist mächtiger, als es von Weitem den Anschein hatte. Ein kurzer Blick von ihm in meine Richtung, zu kurz, wie ich finde, und schon höre ich seine schweren Schritte von der nach unten führenden Treppe widerhallen. Das Dunkel verschluckt ihn.

Ich warte mit gespieltem Desinteresse. Nach einer gewissen Zeit aber folge ich nervös und erwartungsvoll.




Warum ich das alles erzähle? Nun, die Begegnung hat sich tatsächlich so zugetragen, wie sie hier von mir geschildert wurde. Und der Kerl selbst hat mich sehr an Troy Stevens erinnert, weshalb ich sogleich Lust bekam, Fotos von ihm an dieser Stelle zu posten, wie man neudeutsch sagt, und sie in mein kleines Erlebnis einzubetten. Keine Ahnung, wer der Schöne von gestern Nacht wirklich war, eine Ausnahmeerscheinung war er jedoch in jedem Fall, selbst für Mutschmanns-Verhältnisse.

Und wie es weiterging, gestern im Keller? Hierüber lege ich den Mantel des Schweigens, nur soviel: Es passierten noch viele Dinge in dieser Nacht, aber sie alle waren anders, als ich es erwartet hatte.






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